Aktuell – 12.02.2014

Es brodelt in der Medienszene

Ein Kommentar von Philipp Cueni

Die Spirale von Stellenabbau und Stress am Arbeitsplatz dreht sich weiter. Die Berufsgewerkschaften protestieren.

Bei "Bund" und "Berner Zeitung" soll 2014 insgesamt etwa eine Million Franken eingespart werden. Die Sprecherin von "Espace Media" (Bund, BZ) kommentierte, es sei möglich, die hohen Qualitätsansprüche ohne Reduktion am Umfang weiter zu erfüllen. Solche Managersprüche hört man seit Jahren und sie gehen völlig an der Realität der Redaktionen vorbei.

Bei den Zürcher Regionalzeitungen (Tamedia) werden 25 von 165 Stellen gestrichen, die "Zürichsee-Zeitung", der "Zürcher Unterländer" und der von Tamedia kürzlich übernommene "Landbote" sollen enger zusammenarbeiten. Tamedia argumentiert, mit der Reorganisation sollten die drei Regionalzeitungen gesichert werden. Colette Gradwohl, die profilierte Chefredaktorin des "Landbote", ist "auf Grund unterschiedlicher Vorstellungen" mit dem Verlagshaus zurückgetreten.

Der Journalistenverband impressum reichte beim Arbeitsinspektorat Klage gegen die Tamedia ein wegen mutmasslichen Verstosses gegen das Arbeitsgesetz. Beim "Tages-Anzeiger" würden die Journalisten regelmässig massiv überlastet und das schade der Gesundheit. Weil ein GAV fehle, bleibe nur der Weg über das Arbeitsgesetz. Diese Aktion löste bei der Belegschaft des "Tagi" auch Irritationen und Diskussionen aus. Impressum weist aber zu Recht darauf hin, dass die Stressbelastung in vielen Redaktionen dauernd zunimmt. Und dass die Verleger endlich einmal über einen GAV verhandeln sollten: Bei allem grossen Verständnis, dass im Journalismus nicht nach der Stechuhr gearbeitet werden kann – die Erwartungen in Sachen Arbeitsumfang und Präsenz werden in vielen Redaktionen permanent höher geschraubt, ohne vernünftige Kompensationen in einer adäquaten Branchenregelung – eben in einem GAV – zu definieren.

Bei SRF und tpc hat die Mediengewerkschaft SSM mit einer Petition bei der Geschäftsleitung interveniert: "Stopp! Ihr spart uns kaputt". Der "Projektdruck" solle gedrosselt werden. "Gebt uns wieder Zeit für unsere Arbeit und hört auf mit dem künstlichen Stress", fordern die Unterzeichner.

Spricht man mit jungen Medienschaffenden, so fällt auf, wie häufig beklagt wird, dass man einen Stoff selten mit der eigentlich notwendigen Tiefe angehen könne, dass man oft schlecht vorbereitet auf Themen losgelassen werde und im Stress viele Flüchtigkeitsfehler passierten: Online sei grenzenlos und dieser Produktionsdruck bei begrenzten Ressourcen höhle aus. Der Berufsnachwuchs sieht seine Perspektiven eher nüchtern. Ob das gut ist für den Journalismus?

Es brodelt in der Medienbranche – an der Basis, bei den Berufsgewerkschaften, auch bei Führungspersonen.

Wenn der Verwaltungsratspräsident der grossen Tamedia in einem Porträt der "Basler Zeitung" sagt, der (strukturelle) Druck auf die Journalisten nehme zu, der Freiheitsgrad nehme ab, dann muss man doch fragen: Ist dieser Befund nicht alarmierend? Und wer reagiert wie darauf?

Natürlich hören wir von Seiten der Medienunternehmen die Parole der neuen Geschäftsmodelle. Natürlich ist es richtig, wenn die Angestellten und deren Organisationen Bedenken formulieren und Forderungen deponieren. Aber vielleicht braucht es darüber hinaus andere Formen einer Branchendebatte.

AUS Heft No 1 Edito +Klartext

2 Kommentare

#1

Von Kurt Küffer
13.02.2014
Der wirtschaftliche Druck auf die Medien steht ganz im Zeichen des Wirtschaftsprimates in Politik und Gesellschaft. Das Abstimmungsergebnis über die Masseneinwanderungsinitiative zeigt unmissverständlich auf, wohin Journalismus ohne Tiefgang führt. Ohne diesen wird die direkte Demokratie zum Spielball rechtspopulistischer Parteien. Mehrheitsdiktatur ist die Folge davon.
Kampfansage an diese "Spartrends" ist gefordert, im Namen des Volkes und einer echten Demokratie.
Ich wünsche uns viel Kraft!

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