Medientrends 2016 – 15.12.2015

Hoffnung und Zähneknirschen

2016 wird sich entscheiden, ob (fast) die ganze Medienbranche Gesamtarbeitsverträgen untersteht. Grund zur Vorfreude bei syndicom und impressum, aber plötzlich Grund zum Zähneknirschen beim SSM.

Von Bettina Büsser

Lange fand die Sozialpartnerschaft im Print-Bereich nicht mehr statt. Jetzt darf man sich darauf freuen, dass 2016 über einen GAV verhandelt wird: Der Verband Schweizer Medien (VSM) hat dies an seinem Jahreskongress im September zu einem seiner Jahresziele erklärt. "Der Anfang ist da, der Wille ist da", sagt Stephanie Vonarburg, Zentralsekretärin bei syndicom, zuständig für Presse und elektronische Medien: "Die Verleger haben einstimmig beschlossen, dass im Bereich Sozialpartnerschaft und GAV etwas laufen soll, indem sie die Jahresziele ohne Gegenstimmen und sichtbare Enthaltungen angenommen haben."

Für Impressum-Geschäftsführer Urs Thalmann ein "Etappensieg", denn: "So weit sind wir seit der Kündigung des GAV 2000 nie mehr gekommen." Wie und wann diese Verhandlungen aufgenommen werden, steht aber noch nicht fest. "Der Zeitplan ist noch nicht fixiert. Wir werden beginnen, das Vorgehen festzulegen, wenn unsere Rechtskonsulentin Anfang 2016 aus dem Mutterschaftsurlaub zurück ist", so VSM-Direktorin Verena Vonarburg.

In den VSM-Jahreszielen stehe Folgendes: "Das Präsidium hat eine Arbeitsgruppe mit der Ausarbeitung eines Vertragsentwurfes für einen GAV zuhanden des Präsidiums beauftragt. Dies hinsichtlich der Vertragsgespräche mit den Sozialpartnern und eines allfälligen Beschlusses der Mitgliederversammlung." Die VSM-Arbeitsgruppe bestehe aus dem Präsidenten, der Direktorin, einem Vertreter des Tessins, der Rechtskonsulentin und weiteren internen Mitarbeitern; zudem sei auch "der Beizug externer Expertise" geplant.

Gesprächsbeginn im Frühjahr

Bezüglich Verhandlungsbeginn, so Stephanie Vonarburg von syndicom, gebe es nicht viel mehr Konkreteres als das, was beim Verlegerkongress gesagt wurde: "Es ist die Rede davon, dass im Februar die Gespräche starten sollen."Vereinbart sei, dass syndicom und impressum gemeinsam verhandeln würden.

Sicher wisse man, sagt Urs Thalmann von impressum, dass es erstens sehr viel zu tun gebe, "um die Basis so zu sensibilisieren und zu motivieren, dass sie uns ihre Bedürfnisse direkt mitteilt und unsere Forderungen breit abgestützt sind". Zweitens sei vom Ablauf her klar, dass der VSM einen Vorschlag machen und dann an impressum und syndicom schicken werde. Ausserdem "werden wir den von uns bereits aufgebauten direkten Kontakt mit VSM-Mitgliedern auch im Kontext der Verhandlungen weiterführen".

Ziel müsse es sein, bis zu der nächsten Mitgliederversammlung des Verbands Schweizer Presse einen sinnvollen Vertragsentwurf auszuhandeln und ihn dort vorlegen zu können, sagt Thalmann.

Wird das klappen? Eine gewisse Skepsis ist angebracht: "VSM-Präsident Hanspeter Lebrument hat elf Jahre lang erfolgreich einen GAV verhindert. Mit einer solchen Grundeinstellung auf Verlegerseite wird es also sicher nicht einfach", sagt Stephanie Vonarburg. Wie sich Lebrument gegen einen GAV wehrt, zeigte sich bereits am Jahreskongress in eher skurrilen Szenen.

Impressum hatte die Aufnahme von GAV-Verhandlungen beantragt, Lebrument wollte nicht über den Antrag abstimmen lassen. "Er zog offen impressum als assoziiertes Mitglied in Zweifel. Als der Vertreter der Mediengenossenschaft WOZ, Kaspar Surber, dranblieb, hat Lebrument die Legitimation der WOZ in Frage gestellt", schildert Vonarburg: "Ungeplant, unerwartet und sehr positiv war, dass sich der Verleger der ‚Jungfrau Zeitung’, Urs Gossweiler, einschaltete." Nach Gossweilers Intervention für GAV-Verhandlungen zog sich das Verbandspräsidium zu einer Beratung zurück, und es war nicht Lebrument, sondern Vize- Präsident Pietro Supino, der verkündete, GAV-Verhandlungen sollten zu einem der Jahresziele erklärt werden.

SSM skeptisch

Beim SSM ist die Perspektive punkto Sozialpartnerschaft durchzogen. Zwar gibt es einen GAV bei der SRG und dem tpe, die mit einiger Wahrscheinlichkeit verlängert werden. Die Sozialpartnerschaft spielt. Aber zurzeit ist bei der SRG Sparen angesagt – und das bringt Spannungen. Es gelang dem SSM zwar, einen guten Sozialplan auszuarbeiten. Doch die SSM-Alternativvorschläge zur Verhinderung von Stellenabbau und Entlassungen sind bis jetzt bei der SRG kaum auf Resonanz gestossen.

Ebenso wenig die Forderung, die Zeit bis zur Einführung des neuen Gebührensystems finanziell zu überbrücken, statt Stellen abzubauen. Das hat viele Mitarbeitende und das SSM enttäuscht. Der Sozialpartnerschaft steht also eine Bewährungsprobe bevor. "Die Opfer dieser Sparrunde werden nicht gut auf die SRG zu sprechen sein", sagt Stephan Ruppen, Zentralsekretär des SSM.

Doch: 2016 werde auch die Diskussion über den Service public im Zentrum stehen: "Da ziehen die SRG und wir mehr oder weniger am gleichen Strick. Wir haben ähnliche Interessen, denn wenn es durch die Diskussion über den Service public zu Einschränkungen kommt, gibt es einen Abbau von Angeboten und damit auch von Stellen."

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