«Brief an …» – 20.04.2017

Fotograf Klaus Rózsa im Kino

Er hielt, so steht es in den Staatsschutzakten, «Übergriffe der Polizei in allen Einzelheiten fest und behindert dadurch die Arbeit der Polizei». Wie Klaus Rózsa dies in Zürich tat und welche Konsequenzen es für den Fotografen und Aktivisten hatte, zeigt der Film «Staatenlos – Klaus Rózsa, Fotograf» von Erich Schmid, der aktuell in verschiedenen Kinos der Deutschschweiz läuft*.

Bilder der 80er Jugendunruhen in Zürich sind vielen noch in Erinnerung: Demos, Tränengas, Krawall – und immer wieder die Polizei, knüppelnd, schlagend, Gummigeschosse abschiessend. Viele dieser Bilder hat Klaus Rózsa aufgenommen; er war in den «Bewegigs»-Zeiten in Zürich immer mit der Kamera, aber manchmal auch mit dem Megafon unterwegs. Und, so sagt ein anderer Fotograf im Film, die Gummigeschosse kamen häufig in seine Richtung; es habe sich empfohlen, nicht in seiner Nähe zu stehen.

Der Film dokumentiert auch Übergriffe gegen andere Medienschaffende aus dieser Zeit. Doch es war Rózsa, der mit seiner Präsenz und seinen Bildern zum Hassobjekt der Polizei wurde – und es gab Polizisten, die sich brutal dafür rächten, dass Rózsa ihre Arbeit mithilfe seiner Kamera «behinderte».

Das hat ihn nicht daran gehindert, weiter zu fotografieren. Auch nachdem Klagen gegen die Polizei und entsprechende Prozesse keine Gerechtigkeit brachten, auch nachdem – eine Folge dieser ganzen Geschichten – seine Einbürgerung dreimal abgelehnt wurde und er staatenlos blieb.

Denn Rózsa war als kleines Kind aus Ungarn in die Schweiz gekommen. Geboren als Sohn von Holocaust-Überlebenden, hatte er als Kleinkind schlimme Stunden im Luftschutzkeller ausgestanden, als die Russen in Budapest einmarschierten. Später, als die Familie in der Schweiz lebte, prägten ihn etwa die harte Zeit in einem katholischen Internat in Deutschland und der frühe Tod seiner Mutter.

1970, in der Zeit der «Autonomen Republik Bunker» in Zürich, wurde er politisiert. Dies alles, zeigt der rund anderthalbstündige Film, hat Rózsas Gerechtigkeitsempfinden geprägt. Später wurde er neben seiner Arbeit als Fotograf auch Präsident des Sektors Presse der Mediengewerkschaft Comedia, Mitglied des Stiftungsrats des Presserates und Präsident des Zürcher Gewerkschaftsbundes.

2008 kam es während der Besetzung des Zürcher Hardturmstadions bei der Aktion «Brotäktschn» zu einer letzten schlimmen Begegnung mit der Polizei – Rózsa wurde misshandelt und zog sich in der Folge nach Budapest zurück. Heute pendelt er zwischen Budapest und Zürich.

«Staatenlos – Klaus Rózsa, Fotograf» schöpft aus einer grossen Fülle von Geschichten: das Leben der Familie Rózsas, die Geschichte der Juden in Ungarn, Rózas Leben, die Zürcher Bewegungs-Geschichte von «Bunker» bis Hardturmstadion-Besetzung. Manchmal würde man gerne mehr wissen, manchmal ist man überfordert von dieser Fülle. Meistens aber verfolgt man die Geschichte des Klaus Rózsa fasziniert, manchmal wütend, manchmal deprimiert, immerhin aber auch manchmal belustigt.

 

*Kinos, in denen «Staatenlos» läuft: siehe https://www.erichschmid.ch/page.php?0,3,2,7,

 

Bettina Büsser

Redaktorin EDITO

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