Aktuell – 14.08.2015

Fünf Jahre Somm-BaZ – eine Bilanz

Kürzlich war in einigen Medien zu lesen, dass das Hilfswerk HEKS die BaZ auf dem Zivilweg einklagt wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte. In der BaZ selbst konnte man darüber nichts lesen. Und dieser Tage überrascht die BaZ mit massiven Angriffen auf die SVP Basel-Stadt.
Anfangs August sind es fünf Jahre her, seit Markus Somm die Chefredaktion der Basler Zeitung übernommen hat. Was hat er in Basel angerichtet?
Von Philipp Cueni, Chefredaktor von EDITO +Klartext.

Der Sündenfall: Die Basler Zeitung ist die erste grosse Regionalzeitung und nach der Weltwoche das zweite einflussreiche Medium, das von einem Politiker übernommen und politisch anders ausgerichtet worden ist. Die BaZ ist der für die Schweiz erstmalige Sündenfall: ein Medium aus einer traditionellen Verlegerfamilie wird von einem milliardenschweren Unternehmer und Spitzenpolitiker, Christoph Blocher, gekauft. Konkret: Politik und Wirtschaft kauft sich via Medien Einfluss – das kannten wir bisher so nur aus dem Ausland.

Politik dominiert Journalismus: Die vormals relativ offene Forumszeitung der Region Basel hat sich unter Blocher/Somm zu einem Blatt mit einem klaren politischen Ziel gewandelt. Diesem Ziel wird der Journalismus immer wieder unterstellt. Oft geht es nicht um Publizistik aus einer journalistischen Optik, sondern aus einer ideologischen.

Die Schwarz-weiss-Falle: Nein, nicht jeder Artikel ist schlecht, schont die SVP oder passt ganz ins politische Dogma von Blocher/Somm. Gerade diese Tage ist die BaZ einem SVP-Exponenten massiv an den Karren gefahren. Und (vermutlich) nicht jeder der BaZ-Mitarbeitenden versteht sich als SVP-nahe. Und ja, es kommen immer mal wieder auch Gegenpositionen zu Wort. Entscheidend ist aber, dass die ganz grosse Linie klar auf Kurs ist: Extremer Wirtschaftsliberalismus, nationalkonservativ, EU-feindlich, parteipolitisch auf die SVP und den rechten Flügel der FDP ausgerichtet. Dafür wurde ein Teil des Redaktionspersonals aus dem ideologischen Umfeld der SVP rekrutiert.

Fertigmachen statt kritische Optik: Bei der BaZ wird konsequent auf den Mann und noch vielmehr auf die Frau gespielt, es werden Personen auf unfaire Art fertig gemacht, die Grenze zu Diffamierung und Persönlichkeitsverletzungen werden regelmässig massiv überschritten – auch das, was man Fairness oder guten Geschmack nennt.

Destabilisieren: Über die Person hinaus praktiziert die BaZ eine Haltung des Herunterreissens und Destabilisierens. Ja, natürlich und richtigerweise soll Journalismus schonungslos kritisieren dort, wo es berechtigt ist. Das hat aber nichts zu tun mit einem grundsätzlichen Destabilisieren und Infragestellen von vielen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Institutionen. Und es gilt zu fragen, wer denn in einer Gesellschaft als Starker übrig bleibt, wenn dann einmal diese Institutionen und Strukturen zerstört sind.

Meinung machen: Erlaubt und gefragt sind im Journalismus die freie Meinung und Vielfalt von Meinungen. Dazu gehört aber nicht nur Sachgerechtigkeit bei der Beschreibung der Fakten, sondern im Sinne der Aufklärung auch die Möglichkeit, dass sich das Publikum eine fundierte eigene Meinung bilden kann. Die BaZ betreibt hingegen oft eine reine Meinungsmache: Sie informiert oft lückenhaft, einseitig, interessengerichtet. Und auffällig ist, dass gerade in der traditionell liberal-fortschrittlichen und eher linksgrünen Stadt Basel auf Kosten des offenen Forumdialogs eine einseitige Meinung gepusht wird.

Journalismus missachten: Jede Redaktion macht Fehler. Auffallend bei der BaZ ist, dass dort, wo sie Fehler, grobe Unsauberkeiten oder Verletzungen begeht, sie kaum einmal darauf zurück kommt oder die Fehlinformation korrigiert. Im Gegenteil – auch dort, wo sich durch klare Fakten die Falschheit der BaZ-Aussage belegen lässt, hält sie an ihrer Darstellung fest. Davon zeugt eine wachsende Zahl von Klagen beim Presserat und auch eine unbekannte, aber gemäss Insiderinformationen beachtliche Zahl von Klagen über Anwälte. Dass die BaZ nicht einmal über die Entscheide des Presserates in eigener Sache berichtet, passt ins Bild. Mit einer Ausnahme übrigens: Überdimensioniert feierte die Redaktion einen Fall, in welchem der Presserat der BaZ recht gegeben hatte. Der bekannte Fall des sogenannten "Schwedenreisli" einer Departementsspitze, bei welcher die BaZ als entscheidenden Beleg die Einladungsliste zum Weihnachtsessen statt jene zum angeblichen Schwedenreisli präsentierte, spricht für sich und gegen die BaZ: Die BaZ hat die falsche Berichterstattung in diesem Fall nie korrigiert oder sich sogar dafür entschuldigt.

Hetze als Prinzip: Der eine Redaktor diffamiert – auch mit Vermutungen und Erfindungen – Persönlichkeiten der Öffentlichkeit, er outet ein erschreckendes Frauenbild, das in keiner Weise in unsere Zeit passt. Und dieser "Ausreisser" ist immerhin Mitglied der Chefredaktion. Zwei regelmässige externe Kolumnisten, welche von der BaZ gerne immer wieder auch im redaktionellen Teil publiziert werden, vertreten nicht nur erzkonservative Ansichten, sondern betreiben in vielen Fällen eine eigentliche Hetze.

Die Redaktion als Polit-Coach: Die BaZ vertritt einen Kurs, der politisch rechts von der Mitte der FDP anzusiedeln ist. Und sie scheut sich nicht, auch selbst in die Politik einzugreifen: Die Politik der bürgerlichen Parteien kritisiert sie, wenn diese insgesamt zu wenig zur SVP-Linie passt. Also gibt die BaZ-Redaktion regelmässig Empfehlungen ab, wie sich die bürgerlichen Parteien zu verhalten hätten: wessen Position (innerhalb des bürgerlichen Lagers) soll ausgegrenzt, welche Listenverbindung eingegangen, welche Kandidaten gepusht werden. Polit-Coaching à la BaZ.

Und nun diese SVP-Kritik: Die letzten Tage überrascht die BaZ mit massiven Angriffen auf die Basler SVP. Immerhin scheinen die Fakten nicht bestritten und die Gegenseite kommt zu Wort. Dennoch ist das Thema (auch hier) kampagnenmässig aufgemacht. Ist das der Beleg, dass die BaZ ihre SVP-Nähe zugunsten eines unabhängigen Journalismus aufgegeben hat? Abwarten! Vielleicht – in einzelnen Fällen? – Ja. Vielleicht geht es um andere Hintergründe: Es gibt einige Hinweise, dass die Führung der Basler-SVP der nationalen SVP-Spitze nicht genehm ist.

10vor10 von SRF hat zum Thema "5 Jahre Somm" am 13. August einen Beitrag gebracht, in welchem unter anderen auch der Chefredaktor von EDITO zu Wort kommt. Der Link: http://www.srf.ch/sendungen/10vor10/fluechtlingsdrama-e-voting-rechte-zeitung-im-linken-basel

 

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