«Brief an …» – 01.02.2018

«Herr Coooninx, verhaaandle – jetzt!»

Die SDA baut Stellen ab, der SDA-CEO goss mit einem Interview Öl ins Feuer, die SDA-Redaktion streikte – und der SDA-Verwaltungsrat schwieg. Jetzt will er mit der Redaktion verhandeln; der Streik ist sistiert.

Bettina Büsser

«Herr Coooninx, verhaaandle – jetzt!» skandierten sie vor dem Tamedia-Gebäude in Zürich. Die streikenden Redaktorinnen und Redaktoren der SDA waren am 31. Januar von Bern nach Zürich gereist, wo sich ihnen auch Mitarbeitende der SDA-Regionalredaktionen angeschlossen hatten. Und als der Demonstrationszug vor Tamedia ankam, standen dort – applaudierend – Mitarbeitende von Tamedia und anderen Medien. Denn Redaktorinnen und Redaktoren wissen, was sie an der Arbeit der SDA-Redaktion haben. «Für uns ist die SDA der wichtigste freie Mitarbeiter», sagte Simone Meier von watson.

Es gab weitere Gruss- und Solidaritätsadressen an die Streikenden, von der Redaktion des «Tages-Anzeigers», der WOZ, der «Republik», von BDP-Nationalrat Bernhard Guhl, von Seiten der Gewerkschaften und Journi-Organisationen. Hans Heinrich Coninx jedoch, SDA-Verwaltungsratspräsident und Vertreter der grössten SDA-Aktionärin, Tamedia, liess sich nicht blicken. Auch kein anderes SDA-Verwaltungsratsmitglied. Dabei wäre ein Tisch mit zwei Stühlen für Verhandlungen bereitgestanden.

Es wäre aber höchste Zeit für Verhandlungen gewesen – schon seit die SDA-Geschäftsleitung bekannt gegeben hat, dass sie rund 40 der 150 Redaktionsstellen abbaut, schon seit sie diesen Abbau mit Entlassungen im Eiltempo untermauert, spätestens aber seit dem Warnstreik der Redaktion am 23. Januar, seit SDA-CEO Markus Schwab in der «NZZ am Sonntag» ein Interview gab, das die Stimmung zusätzlich massiv aufheizte, und allerallerspätestens seit die SDA-Redaktion am 30. Januar in einen unbefristeten Streik getreten war. Würden die Journalistinnen und Journalisten der SDA bei ihrer Arbeit so langsam auf Krisen reagieren wie ihr Verwaltungsrat, wäre die SDA schon vor vielen Jahren Konkurs gegangen.

Doch der Verwaltungsrat schwieg. Ausser Sandra Jean, Redaktionsdirektorin des «Nouvelliste»; sie trat aus dem Verwaltungsrat zurück, weil sie «die gewählten strategischen Optionen des Verwaltungsrates zur Restrukturierung» nicht mittragen könne. Gegenüber den Medien, genauer, der «Rundschau», äusserte sich auch der Vizepräsident des Verwaltungsrats, Hanspeter Lebrument – mit der überaus hilfreichen Analyse: «Ich habe das Gefühl, die SDA ist zu gross und bringt zu viel, was man nicht braucht.»

Am Donnerstag waren die Streikenden der SDA in Lausanne und besuchen dort mit der SRG eine weitere SDA-Aktionärin. Währenddessen gab es einen ersten Kontakt zwischen SDA-Verwaltungsrat und SDA-Redaktion: Eine Delegation des Verwaltungsrats hat sich mit der Redaktionskommission zu einem «Vorgespräch» getroffen.

Zu diesem «Vorgespräch» meldete  @inside_sda am  Donnerstagabend: «Ergebnis nach dem dritten Streiktag: Der VR ist bereit, Verhandlungen über verschiedene Punkte aufzunehmen. Die Bedingung: Der Streik wird bis zum Ende der Verhandlungen ausgesetzt. Die SDA-Redaktion bespricht das weitere Vorgehen am Freitagvormittag in Bern.»

Tatsächlich hat die Redaktion am Freitagnachmittag den Streik sistiert, es soll verhandelt werden. Auf dem Rückweg in die SDA-Büros in Bern wurde gesungen – «Allez allez, c’est l’ats qui va gagner» – aber noch ist nichts ausgestanden: «Aus der Diskussion der SDA-Redaktion: Wenn wir den Streik sistieren, heisst das nicht, dass wir zufrieden sind. Wenn wir merken, dass es ihnen nicht ernst ist, dass diese Agentur nicht in eine sinnvolle Zukunft geführt wird, können wir jederzeit wieder in den Streik treten», meldet @inside_sda.

 

Wie es weitergeht: @inside_sda hält alle Interessierten auf dem Laufenden.

 

Bettina Büsser

Redaktorin EDITO

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