Carte blanche – 28.03.2022

Kein neues Mediengesetz – was nun?

Carte blanche von Hansi Voigt

Das wars also. Keine Millionen für Verlagsmillionäre. Kein Mediengesetz. Kein Problem gelöst. Und jetzt?

Die neue Ausgestaltung des Geschäfts, das keines mehr ist, muss vor allem eines nicht sein: unendlich teuer. 1000 Journalisten, die jährlich mit 100 000 Franken vergütet werden, kosten 100 Millionen pro Jahr. Man könnte die 1000 Stellen befristen und in einer Berufsregister-Tombola unter Journalistinnen vergeben. Ein leicht absurder Vorschlag. Er zeigt aber, wie günstig eine unabhängig informierte Bevölkerung zu haben wäre – wenn man denn will.

Glaubwürdige Information wird zum gesellschaftlichen Kulturgut werden. Gefordert ist hier insbesondere die Stiftungslandschaft. Gefordert sind nun aber auch die Kantone. Einen Tag nach der verlorenen nationalen Abstimmung machte ein Basler GLP-Grossrat einen parlamentarischen Vorstoss zur Medienförderung. Weitere Kantone werden folgen. In Basel könnten 25 journalistische Vollzeitstellen finanziert werden, wenn etwa der Kanton die weggesparten Amtsblattkosten in Form von Inseraten und ohne jegliche Einflussmöglichkeit den Basler Regionalportalen zufliessen liesse. Kostenpunkt für die so einfache wie geniale Idee des Basler Online-Pioniers Peter Knechtli: läppische 2,5 Millionen Franken.

Eine sehr breit abgestützte Medieninitiative geht auch von den Konsumentinnen aus. Wer etwa sieht, dass das Wachstumsblatt Wochenzeitung inzwischen fast alle Inhalte online zur Verfügung und zur Diskussion stellt, aber gleichzeitig laufend steigende Abonnentenzahlen verzeichnet, merkt: Die Leute kaufen keine WOZ-Inhalte, sondern sie zahlen, damit es diese Inhalte überhaupt gibt. Dadurch werden die Inhalte quasi aus dem Silo befreit und sind untereinander teilbar und diskutierbar. Als hätte man das Internet dafür erfunden. Der Guardian, die Berliner taz, aber letztlich auch die Republik, Bajour, Tsüri.ch, das Lamm usw. verfolgen diesen Ansatz. Noch sind das alles zarte Pflänzchen. Aber hier entsteht ein Medienökosystem aus völlig unabhängigen Teilnehmern.

Eine wichtige Rolle kommt der SRG zu. Sie muss als digitale Allmend verstanden werden. Ihre Inhalte und ihre Leistungen müssen allen zur Verfügung stehen, die sich an die Spielregeln des Journalismus halten. Auf dieser Basis können neue und alte Player, durch eigene lokale Leistungen ergänzt, ein interessantes lokales Angebot kuratieren.

Aus der Abstimmung ist klar geworden: Die Grossverleger sind nicht Teil der Lösung, aber sie bleiben der grösste Teil des Problems. Denn für jede ihrer Publikationen findet sich ein politisch motivierter Käufer. In St. Gallen warten der Rechtsaussen-Referendumsergreifer Peter Weigelt und seine finanziell potenten Kollegen gemäss eigenen Aussagen nur darauf, dass Peter Wanner die Waffen streckt. Und wer weiss, wie Christoph Blochers BaZ-Leute in kurzer Zeit zum festen Tamedia-Inventar geworden sind, wenn sie nicht gerade im Nebelspalter so tun, als hätten sie ein Abo-Businessmodell, dem kann angst und bange werden.

Hansi Voigt ist Journalist und Medienberater. Er war unter anderem Chefredaktor der Online-Redaktion von 20 Minuten und gründete das Newsportal watson.ch.

1 Kommentar

#1

Von Bobbx
05.07.2022
Die Medienförderung wird ausgebaut. Schauen Sie die Stellenanzeigen in der NZZ am Sonntag an. Fast alle sind vom Staat. Damit es so richtig einschenkt, werden diese möglichst ausführlich gestaltet. Rechnen Sie anhand des Inseratetarifs nach, was dieser Unsinn kostet. Die grossen privaten Arbeitgeber und teils auch Kantone schaffen es ganz ohne Stellenanzeigen, weil sie gemerkt haben, dass dies nur verschleudertes Geld ist.

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