Büssers Medienschau – 15.06.2022

Kurzes am 15. Juni 2022

Die historische Wahl

Pietro Supino, Präsident der TX Group AG, kündigte diese Woche seinen Rücktritt als Präsident des Verbands Schweizer Medien (VSM) an. Als Nachfolger schlägt das VSM-Präsidium Andrea Masüger vor, VR-Delegierter der Somedia Press AG. Damit wiederholt sich ein Muster: Von 1992 bis 2003 war Hans Heinrich Coninx von Tamedia Präsident, auf ihn folgte Hanspeter Lebrument von Somedia. Das Präsidentenamt wird weiterhin abwechselnd an einen Vertreter eines der mächtigsten Schweizer Medienhäuser und einen Vertreter eines mittleren Medienhauses, das in seiner Region mächtig ist, vergeben. Nichts Neues also.

Dafür konnte der Verband gleich zwei «Good News» verkünden. Ringier ist – nach jahrelanger Absenz aufgrund eines Streits über die Vermarktungsplattform Admeira – nicht nur wieder Verbandsmitglied, sondern soll auch wieder im Präsidium vertreten sein. Und zwar durch eine Frau! Als neues Präsidiumsmitglied wurde für die Wahl im September Ladina Heimgartner, Head Global Media Ringier AG und CEO «Blick»-Gruppe, vorgeschlagen. Damit nicht genug: Ebenfalls zur Wahl vorgeschlagen ist Ursula Nötzli, Chief Communications & Sustainability Officer und Mitglied der Gruppenleitung der TX Group. Zwei Frauen – die allerersten Frauen im VSM-Präsidium!

Wurde auch Zeit.

Das Interview mit dem Chef

Ist es gut, wenn ein Untergebener seinen Chef interviewt? Das fragt man sich beim Lesen des (schriftlich geführten) Interviews von «Blick-Romandie»-Chefredaktor Michel Jeanneret mit Ringier-CEO Marc Walder. Anlass war der erste Geburtstag von «Blick Romandie» (zu dem die MEDIENWOCHE natürlich herzlich gratuliert!).

«Marc Walder», so Jeanneret zu Anfang des Interviews, «meine erste Frage ist sehr direkt, so wie es unser Medium liebt: Warum haben Sie 62 Jahre gewartet, bevor Sie ‹Blick›, diesen Leuchtturm des Journalismus, in der Romandie lanciert haben?» «Gute Frage», lobte Walder, quasi Leuchtturmwärter des Journalismus, und rühmte die «enorme» digitale Stärke der Marke: ‹Blick› ist heute viel stärker, grösser, begehrter, attraktiver, relevanter, als ‹Blick› früher – nur auf Papier – je war. Deshalb sind wir vor einem Jahr endlich, endlich in die Westschweiz gegangen mit ‹Blick›.»

So und ähnlich geht es weiter. Jeanneret stellt «sehr direkte» Fragen, auch nach Walders «Erfolgsrezept», der Ringier-Strategie und der Zukunft; Walder antwortet in schönster PR-Manier. Zu «Blick Romandie» fiel ihm nur Gutes ein: «‹Blick Romandie› ist super gestartet. Wir sind happy. ‹Blick Romandie› hat seine Ziele erreicht. Nun muss er wachsen. Stark werden. Und unverzichtbar werden.»

En passant fragt Jeanneret auch, was Walder denn «aus diesem Abenteuer bei den Welschen» gelernt habe. Walder: «Les Welsches sind jung im Kopf. Les Welsches sind superkreativ. Und: Les Welsches sind ‹fun› und haben ‹fun›.»

Ils sont «fun», ces Welsches! Ob ihnen diese Beschreibung aus der Deutschschweiz wohl gefällt?

Das Zahlenproblem

Muss man um die «Republik» bangen? «Das Medium steht vor einer ungewissen Zukunft», schrieb Beni Frenkel auf «Inside Paradeplatz» (IP). Die «Republik» blähe ihren Personalbestand immer weiter auf, während die Abo-Zahl sinke.

Als der Artikel aufgeschaltet wurde, hatte IP eben für einen anderen Frenkel-Text eine Entschuldigung an Patrizia Laeri (CEO «elleXX») publiziert – weil diese dort «mit Beschreibungen betitelt» worden war, «die das Gericht in Meilen als verletzend taxierte», und überdies eine im Artikel genannte Zahl falsch war. Auf ein Zahlenproblem weist auch der Eintrag zu einem IP-Artikel vom 25. Mai: «Blick TV für 25 Zuschauer. Der Artikel über die Beachtung des Ringier-Kanals basierte auf einer falschen Basis (Mittag statt Mitternacht). Er wurde gelöscht», steht da bloss noch. Autor des Textes: Beni Frenkel. Der zu Zahlen ein spezielles Verhältnis zu haben scheint.

Bei der «Republik» nimmt man Frenkels Text gelassen. «Einige Zahlen, die er aufführt, stimmen. Andere hingegen stimmen nicht», sagt Jonas Studach vom «Republik»-Support auf Anfrage der MEDIENWOCHE. Er korrigiert etwa die von Frenkel genannte Zahl an Festangestellten bei der «Republik» von 53 auf 47. Es sei aber nicht beabsichtigt, auf den Artikel zu reagieren: «Unser Budget sowie alle unsere Zahlen werden regelmässig transparent kommuniziert.» Und diese Zahlen zeigen, dass keine Bange angesagt ist: Die leicht rückläufige Abozahl liegt nach wie vor klar über den angestrebten 27’000 Abos, die es braucht, damit die «Republik» selbsttragend ist.

Frenkel indessen wird von Kommentatoren seines «Republik»-Artikels gelobt; manche feiern den baldigen Untergang des «Kommunistenblatts» – einer sogar in Reimen:
In der Villa Kunterbunt:
Ist bald fertig mit Schund!
Das Netzwerk am Krachen,
Gleich mit 130 Sachen!
Das heisst die Segel streichen,
und auf Nachlass auszuweichen!
Auch hier gilt die Zeiten-Wende!
Die Republik ist bald am Ende.

Bettina Büsser

Redaktorin EDITO

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