Aktuell – 30.08.2014

Nach dem WEKO-Verfahren gegen die SDA

Die Wettbewerbskommission hat ihr Verfahren gegen die SDA abgeschlossen, die WEKO spricht von einem "Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung". Was sagen Bernard Maissen, stellvertretender Geschäftsleiter und Chefredaktor SDA, und Balz Bruppacher, ehemaliger Chefredaktor der AP, dazu?

Eine "einvernehmliche Regelung" stand am Schluss: Die Wettbewerbskommission WEKO hat ihr Verfahren gegen die Schweizerische Depeschenagentur SDA beendet. Zu dieser "einvernehmlichen Regelung" gehört eine Busse von 1,88 Millionen Franken, denn, so schreibt die Weko in ihrer Medienmitteilung: "Im Ergebnis ist die WEKO zum Schluss gekommen, dass die SDA durch die Gewährung von Exklusivitätsrabatten ihre marktbeherrschende Stellung auf dem Markt für einen deutschsprachigen News-Basisdienst für Schweizer Medien im Sinne von Artikel 7 des Kartellgesetzes missbraucht hat." Diese Rabatte hatte die SDA laut WEKO von Ende 2008 bis Anfang 2010 angeboten.

In Bezug auf die Associated Press (AP) Schweiz, damals die einzige Schweizer Konkurrentin der SDA, schreibt die WEKO: "Die von der SDA gewährten Exklusivitätsrabatte waren gegen ihre Konkurrentin AP Schweiz gerichtet und bezweckten, diese im Wettbewerb zu behindern. Die SDA hat mit der Gewährung von Exklusivitätsrabatten aktiv dazu beigetragen, dass der Kundenstamm von AP Schweiz geschmälert und damit auch deren Ertragsbasis verkleinert wurde. (…) Durch die Gewährung von Exklusivitätsrabatten hatte die SDA ihre marktbeherrschende Stellung missbraucht und ihre damalige Konkurrentin AP Schweiz in unzulässiger Weise im Wettbewerb behindert." Bloss: Der AP Schweiz nützt diese WEKO-Aussage nichts mehr. Sie ist seit 2010 Geschichte – mehr Informationen über ihr Ende und die Umstände dieses Endes finden sich hier und hier.

EDITO+KLARTEXT wollte vom ehemaligen AP-Chefredaktor Balz Bruppacher wissen, was er zum Ausgang des Verfahrens meint. Und hat auch bei Bernard Maissen, stellvertretender Geschäftsleiter und Chefredaktor SDA, nachgefragt.

Persönliche Stellungnahme von Balz Bruppacher, ehemaliger AP-Chefredaktor und zurzeit für die NZZ tätig:

Was sagen Sie zum Entscheid der Weko in Sachen sda beziehungsweise zu dieser "einvernehmlichen Regelung" zwischen Weko und sda?

Der Entscheid der Weko ändert nichts am Umstand, dass die sda das vor über vier Jahren für teures Geld erkaufte Monopol weiterhin ausüben kann. Immerhin ist nun gewissermassen amtlich, dass damals nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Und zwar im Vorfeld des Deals mit den damaligen Eigentümern von ddp/dapd, als die sda sogenannte Exklusivitätsrabatte gewährte, wenn ein Kunde auf den AP-Dienst verzichtete. Die Höhe der Busse, 1,88 Millionen Franken bei einem Jahresumsatz von etwa 27 Millionen Franken, deutet darauf hin, dass das Verschulden der sda als schwer eingestuft wurde.

Ist für Sie damit alles geklärt?

Nach wie vor unklar ist, wer die treibende Kraft beim damaligen Deal zwischen sda und ddp/dapd war und welches die Motive der Grossaktionäre waren, dieses sehr kostspielige und die Medienvielfalt einschränkende Geschäft durchzuwinken. Die Weko scheint diese Aspekte nicht angeschaut zu haben, auf jeden Fall äussert sie sich in der Medienmitteilung nicht dazu.
Den sda-Aktionären müsste eigentlich zu denken geben, dass die Monopol-Phase bisher alles andere als eine Erfolgsgeschichte ist. Das Eigenkapital hat sich gemäss den Geschäftsberichten seit 2009 um rund 6 auf 18,8 Millionen Franken verringert. Die deutschen Lizenzpartner sind im Herbst 2012 Konkurs gegangen. Um die deutschsprachigen AP-Meldungen weiterhin in der Schweiz verbreiten zu können, musste die sda eine neue Vereinbarung mit der dpa eingehen.
Was mich aber am meisten beunruhigt, sind die Bestrebungen, der sda künftig einen Teil der Presseförderungsgelder des Bundes zuzuschaufeln. Offenbar hat ja Bundesrätin Leuthard für diesen, unter anderem in der von ihr eingesetzten Medienkommission diskutierten Plan ein offenes Ohr, der Verlegerverband beziehungsweise seine neue Direktorin sind von der Idee ebenfalls überzeugt, weil sie als indirekte Presseförderung deklariert werden könnte und nicht in Geruch der verpönten staatlichen Subvention der Presse geriete.

Weshalb sprechen Sie sich gegen eine Presseförderung via die sda aus?

Damit würde die problematische Schaffung des Monopols im Nachhinein noch vom Staat belohnt. Dass der italienischsprachige Dienst der sda nicht auf dem Markt finanziert werden kann und deshalb unterstützungswürdig ist, leuchtet mir ein. Meines Erachtens müssten aber, bevor eine zusätzliche staatliche Subventionierung der sda spruchreif wird, mindestens drei Voraussetzungen erfüllt sein: Erstens Transparenz über die Umstände und Motive, die Anfang 2010 zur Schaffung des Monopols führten. Zweitens eine unabhängige Begutachtung des Managements und der Finanzen sowie eine Qualitätskontrolle, die über die sda-Kundenumfragen hinausgeht. Und drittens die Prüfung der Eigentümerstruktur beziehungsweise von Alternativen. Denn man muss sich fragen, ob eine solche Presseförderung nicht einseitig dem marktmächtigsten Konzern, Tamedia, zu Gute käme. Seit der Übernahme von Edipresse hat Tamedia einen wesentlichen Einfluss auf die sda.

Bernard Maissen, stellvertretender Geschäftsleiter und Chefredaktor sda

Zieht die sda aus dem Verdikt der Wettbewerbskommission irgendwelche Konsequenzen, wird es zu Veränderungen kommen?

Es ist ja eine einvernehmliche Regelung, mit der wir uns auf die Zahlung der Busse und unser künftiges Verhalten geeinigt haben. Den kritisierten Exklusivitätsrabatt bieten wir aber schon seit Jahren nicht mehr an. Im Gespräch mit der Weko haben wir uns auch bezüglich Höhe der Rabatte für Mehrjahresverträge geeinigt.

In ihrer Mitteilung zum Weko-Entscheid schreibt die sda: "Aus Sicht der sda hat die Agentur nie ihre Marktposition missbraucht" und "Die vom Sekretariat (…) vorgebrachten Kritikpunkte erachtet die Agentur entweder als vollständig unzutreffend oder als im Ausmass nicht relevant." Ist sich die sda keiner Schuld bewusst?

Wir wollten ein langjähriges juristisches Verfahren vermeiden, deshalb haben wir der einvernehmlichen Regelung mit der Weko zugestimmt.
Wir haben alle unsere Kunden immer gleich behandelt und haben seit jeher ein transparentes Tarif- und Rabattsystem. Die Exklusivitätsrabatte, welche die Weko als problematisch bezeichnet hat, schätzen wir anders ein: Erstens handelte es sich nur um 5 von rund 500 Verträgen, das ist also nicht relevant. Zweitens haben wir damit keinen einzigen Kunden gewonnen, sondern sind unseren Kunden in einer schwierigen Zeit entgegengekommen. Und als Letztes: Wir gehören unseren Kunden, sie entscheiden.
Niemand hat wegen dieser Exklusivrabatte die Dienste der AP abbestellt, die Rabatte waren nie gegen die AP gerichtet. Aber mit dem heutigen Wissensstand würden wir diese Rabatte wohl nicht mehr anbieten.

Was bedeutet dieses Weko-Verfahren für die Idee, der Schweizer Presse via die sda eine Presseförderung durch den Bund zukommen zu lassen? Spielte diese Idee eine Rolle beim Entscheid der sda, auf eine einvernehmliche Regelung einzugehen?

Das hat nichts damit zu tun. Die Alternative wäre einfach eine langjährige juristische Auseinandersetzung bis vor Bundesgericht gewesen, die wir vermeiden wollten.
Eine Presseförderung via die sda erscheint uns sinnvoll, denn gerade bei den Minderheitssprachen bezahlen wir jedes Jahr enorme Summen für unsere Leistungen, die wir nicht in Rechnung stellen können.

Tamedia ist seit der Übernahme von Edipresse mit Abstand grösster sda-Aktionär, im Verwaltungsrat sitzen mit Hans Heinrich Coninx, Thierry Meyer und Pietro Supino drei Vertreter von Tamedia. Wie wirkt sich diese neue Konstellation aus?

Mit Thierry Meyer und Pietro Supino sind nur zwei Vertreter von Tamedia im Verwaltungsrat. Hans Heinrich Coninx kam nicht als Tamedia-Vertreter, sondern als Präsident des Verbands Schweizer Medien in den Verwaltungsrat. Heute ist er, der einige sda-Aktien besitzt, ad personam Verwaltungsratspräsident.
Tamedia hat keine Mehrheit, sondern besitzt rund 28 Prozent der Aktien. Wir machen mit Tamedia rund einen Drittel unseres Umsatzes. Es ist nicht schlecht, wenn der grösste Kunde auch der grösste Aktionär ist.

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