Aktuell – 28.01.2015

Tamedia hat den Superstar

Arthur Rutishauser wird ab 2016 doppelter Chefredaktor: Er wird sowohl den "Tages-Anzeiger" wie auch die "SonntagsZeitung" leiten. Das hat Tamedia am 28. Januar bekanntgegeben . Res Strehle, bisher Tagi-Chefredaktor, soll nächstes Jahr pensioniert werden, aber "mit einem reduzierten Pensum weiterhin als Publizist und Mentor für den Tages-Anzeiger tätig sein", wie Tamedia schreibt.

Noch im Sommer letzten Jahres hatte Tamedia-Sprecher Christoph Zimmer dementiert , dass die beiden Redaktionen zusammengelegt würden. Nun werden sie es zumindest in der Leitungsfunktion sein. Ausserdem, so ist der Medienmitteilung zu entnehmen, werden künftig auch die Ausland-Ressorts zusammengelegt: "Die beiden Redaktionen teilen sich heute bereits die Ressorts Gesellschaft, Kultur, Sport, Wissen sowie zukünftig auch Ausland und arbeiten in der Produktion eng zusammen. Die Kern-Ressorts in den Bereichen Schweiz, Wirtschaft, Recherche und Zürich bleiben aber weiterhin eigenständig und stehen für die eigene Identität der gedruckten Zeitungen."

Natürlich ist die erste Frage, die sich stellt, wie viele Stellen Tamedia mit diesem Schritt einspart. Sicher eine (sicher gut dotierte) Chefstelle – aber was z.B. im Bereich Ausland passiert, wie die weitere Entwicklung bei den Ressorts Gesellschaft, Kultur, Sport und Wissen sein werden, ist noch offen. Wer das Vorgehen von Tamedia verfolgt, wird um Stellen fürchten. Und sich auch fragen, wie lange man sich getrennte Schweiz-, Wirtschafts-, Recherche- und Zürich-Ressorts "leisten" wird.

Tamedia begründet den Ein-Chefredaktor-für-zwei-Schritt mit der "zunehmenden Bedeutung der digitalen Verbreitungskanäle" und den "die veränderten Mediennutzungsgewohnheiten der Leserinnen und Leser": "Immer mehr Leserinnen und Leser wollen sich während der gesamten Woche und rund um die Uhr auf einer Plattform informieren. Je digitaler die Nutzung wird, umso enger werden "Tages-Anzeiger" und "SonntagsZeitung" deshalb im Netz zusammenrücken".

Im Klartext: Rutishauser wird tagesanzeiger.ch und sonntagszeitung.ch irgendwie zu einem – natürlich erfolgreichen – "alle-Tage-Tamedia"-Teil verschmelzen müssen, er wird ausserdem den "Tages-Anzeiger", der wie alle Tageszeitungen an Auflage verliert, so exzellent positionieren müssen, dass diese Erosion möglichst abnimmt. Ausserdem muss er die "SonntagsZeitung" weiterhin gut im Abo- und Lesermarkt halten. Dann muss er darauf achten, dass das von Tamedia eingefädelte "Newsexpress"-Angebot, das sowohl tagesanzeiger.ch wie 20minuten.ch mit News bedient, richtig positioniert ist. Und das alles in einem kühlen Werbeumfeld. Und eventuell mit weniger Leuten.

Tamedia hat entschieden, dass Rutishauser das alles kann. Er muss, schliessen wir daraus, ein Superstar sein.

P.S. Hier äussert sich Rutishauser in einem ersten Interview.

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