Bild: Thomas Meier

Aktuell – 21.02.2019

Frauen müssen auf Wikipedia sichtbar werden

Auf Wikipedia, einer der meistbesuchten Websites der Schweiz, sind Frauen massiv untervertreten. Medienschaffende wollen das nun ändern.

Muriel Staub*

Die Journalistinnen Patrizia Laeri, Katia Murmann und ich haben im letzten Herbst die Initiative «Frauen für Wikipedia» ins Leben gerufen – eine Zusammenarbeit von SRF, Ringier und Wikimedia CH. Wir kommen zweimal im Jahr in Zürich zusammen, um gemeinsam Frauen in die Wikipedia zu schreiben. In der Wikipedia sind Frauen als Autorinnen und auch inhaltlich extrem untervertreten: Eine Untersuchung von «Spiegel» hat ergeben, dass von den mehr als 330’000 Artikeln über Personen der vergangenen 100 Geburtsjahre nur etwa 20 Prozent von Frauen handeln. Über 60 neue Artikel sind während der letzten beiden Veranstaltungen dazugekommen, geschrieben von mehr als 60 Teilnehmenden.

Für mich ist und bleibt die Wikipedia ein kleines Wunder. Ihr wurde im Jahr 2014 als grösstes je von Menschen erstelltes Projekt in Polen ein Denkmal gesetzt. In diesem Zusammenhang fasziniert mich immer wieder aufs Neue, wie viele Menschen an der deutschsprachigen Wikipedia mitschreiben: In den letzten 30 Tagen waren es mehr als 20’000! Wikipedia wird häufig als «die Erfolgsgeschichte des Internets» bezeichnet. Doch auch sie steht vor grossen Herausforderungen.

Eine politische Frage: Wer schreibt und aktualisiert die Artikel auf Wikipedia?

Mitte Februar sind in der «Frankfurter Allgemeinen» und der «Süddeutschen Zeitung» gleich mehrere Artikel dazu erschienen. Sie tragen Titel wie «Die Wikipedia veraltet» und «Die Wikipedia stösst an ihre Grenzen». Im Zeitalter digitaler Assistenten und der Allgegenwärtigkeit von Google landen viele Menschen nicht mehr auf Wikipedia, sondern erhalten direkt Zugriff auf die freien Inhalte. Befürchtet wird eine Entfremdung und Distanzierung von Wikipedia. Dies führt zur grundsätzlichen und auch politischen Frage: Wer schreibt und aktualisiert die Artikel auf Wikipedia?

Gleichzeitig erhält die Online-Enzyklopädie eine neue Brisanz im Zeitalter von Fake-News und Desinformation. Bis jetzt hat sich die fünftmeistbesuchte Website der Schweiz gut geschlagen und ist ein zuverlässiger Begleiter in der heutigen Daten- und Informationsflut.

Mit der Veranstaltungsreihe «Frauen für Wikipedia» wollen wir einerseits mehr Frauen sichtbar machen. Andererseits geht es darum, die Rolle der Frau in der Wikipedia systematisch aufzuarbeiten und neue Autorinnen zu gewinnen. Die Verantwortung liegt bei uns allen: Wir sollten die Wikipedia aktiv mitgestalten, sie hegen und pflegen. Der nächste Anlass findet am 7. November 2019 in Zürich statt. Mehr Infos gibt es auf: www.editathon.ch.

*Muriel Staub ist Vorstandsmitglied von Wikimedia CH und Wikipedia-Autorin.

1 Kommentar

#1

Von Marcus Cyron
04.03.2019
Muriel, ich bin ehrlich gesagt etwas enttäuscht, dass du hier auch diesen Unsinn von der Unterrepräsentanz von Frauen in der (deutschsprachigen) Wikipedia durch das Dorf treibst.

Fakt ist, dass trotz der oben genannten Zahlen, diese Rechnung einfach nicht stimmig ist. Mit 20% weiblicher Biografien dürfte Wikipedia weitaus höher liegen, als der Anteil von Frauen in den letzten Jahren unter den zu beschreibenden Personen. Immerhin gibt es einen echten Trend zur Wende hin zu mehr Frauen in "wichtigeren" Positionen erst seit etwa den 1980er Jahren. Es ist ein langsamer Prozess. Und nicht Wikipedia verändert die Welt inhaltlich, sondern begleitet diese Änderung, beschreibt sie.

Das Problem ist nicht die Anzahl der Biografien, sondern die Zahl der Auorinnen. Und weshalb Frauen sich bei solchen Projekten weit über Wikipedia hinaus so wenig engagieren, wissen wir nicht. Es gibt nur eine immer gleich mitgelieferte Ausrede, das ach so schlechte Betriebsklima (das nicht schlechter ist, als im Rest des Internets, wo allerdings auch Frauen aktiv sind - übrigens auch bei der Betriebsklimavergiftung innerhalb der Wikipedia, was wiederum auch vielen Männern nicht gefällt).

Überhaupt dürfte dieses "kommt her Frauen und schreibt über Frauen" kein Lockmittel sein, sondern eher abschrecken. Warum sollen Frauen eigentlich Frauen immer nur über "Frauenthemen" schreiben, statt über ihre grundsätzlichen Interessen? Sport, Film, Computerspiele, Bücher - und von mir aus auch Mode?!

Wer sich fragt, warum sich Frauen so wenig von Wikipedia angesprochen fühlen sollte vielleicht mal darüber nachdenken, wie eine derartige Veranstaltung nach Aussen wirkt. Wäre ich eine Frau, würde mich das nicht locken, sondern in die Gegenrichtung treiben.

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